Kolumne: Philosophie vom Glück.

„Liebesbriefe von Alice.“
„Der Wochenrückblick über Themen, die Alice bewegten.
Immer in Verbindung mit Liebe.“

„Lieber Freund,

erinnerst Du Dich noch an das Postscriptum meines letzten Briefes? Vielleicht wecke ich ja Deine Neugierde und Du rufst es Dir wieder in Dein Bewusstsein zurück. Weshalb ich überhaupt danach frage? Nun, in der letzten Woche kreuzten sich mehrfach meine Wege mit denen bekannter und bis dato unbekannter Menschen, mit denen ich interessante und erfreuliche Gespräche rund um das Bewusstsein führte. Diese brachten mich dazu anschließend noch den ein oder anderen Gedanken mit mir selbst zu formen und in meinen Erinnerungen die Verbindungen zu glücklichen Momenten wieder hervorzurufen. Über das berühmte Glück erzählte ich Dir ja bereits in meinen zahlreichen Briefen immer wieder Geschichten, die meinen Weg begleiteten. Schließlich ist das Glück ja auch der Begleiter der Liebe und in jeder Situation, in der ich mir dessen bewusst bin, empfinde ich eine wohlige Wärme, die sich einen Moment lang breit macht, ein Lächeln auf mein Gesicht zaubert sowie Raum und Zeit vergessen lässt. Glücklicherweise ereigneten sich solche Momente in dieser Woche in vielerlei Hinsicht und machten mir wieder einmal bewusst, wie deutlich sich das Bewusstsein in meinem alltäglichen Leben in Szene setzt. Und mit Blick auf die Schönheit des Augenblicks konnten selbst ein wolkenverhangener, graufarbener Himmel oder kühle Temperaturen, die mich mit der Zeit frösteln ließen, das Glück nicht ausblenden.

Letzten Donnerstag blutete einen Moment lang meine Schriftsteller-Seele, da mein Schreibwerkzeug, der geliebte Füllfederhalter, nicht mehr befüllt werden konnte. Zwei Tage zuvor an der königlichen Allee erwähnte ich gegenüber der jungen Dame, die eher in der italienischen Inselwelt zu finden ist, dass ich den angrenzenden Konsumtempel wohl kaum betreten würde, da ich keinen Sinn darin erkannte. Und nun stand ich genau vor jenem, da sich dort auch der sogenannte Flagshipstore des Grafen befindet, dessen Name für das Schreibwaren-Unternehmen steht, das auf eine Fimengeschichte bis ins Jahr 1761 zurückblicken kann. Zu verdanken hatte er dies am Ende Ottilie von Faber, die das Traditionsunternehmen von ihrem Großvater 1896 übernahm und den Grafen zwei Jahre später ehelichte. Zurück in der Gegenwart betrat ich also dieses Geschäft, erklärte der Dame mit französischem Akzent meine Not und wurde bestens betreut, so dass ich mit einem funktionsfähigen Füllfederhalter und einem „Au revoir“ diesen Ort wieder verlassen konnte. Geradewegs steuerte ich ein Café in der Nähe an, mit dem Vorsatz dort einige Briefe zu verfassen und stellte wieder einmal fest, dass das Leben nach seinen eigenen Regeln spielte. So bescherte es mir Redezeit statt Schreibzeit für die nächsten Stunden, weshalb die Briefe zurückstehen mussten. Hintereinander bereicherten ein Herr, der sich unter anderem mit staatlichen Pflichtabgaben beschäftigt und ein reiseerfahrenes Ehepaar meine Lebenszeit. Aufmerksam lauschte man meinen Erzählungen zu meinem Schriftsteller-Leben und ich erhielt Einblick in private Ansichten zum Lesen und leidenschaftliche Schilderungen von Aufenthalten in Paris, der Provence und anderen Teilen Frankreichs. Das Paar hatte sich eindeutig in dieses Land verliebt und berichtete mit einer guten Portion Humor von seinen Erlebnissen mit dem fahrbaren Zuhause. Irgendwann trennten sich dann auch wieder unser aller Lebenswege und tatsächlich fand ich noch die Zeit den ersten von drei Briefen zu verfassen. Die anderen zwei Botschaften, die sich nun allesamt auf dem Wegen nach Los Angeles, New York und ganz nah in andere Teile dieser Stadt befinden beziehungsweise ihren Adressaten schon erreicht haben, verfasste ich dann am nächsten Tag.

Dieser überraschte mich dann in zweierlei Hinsicht – zum einen mit einem fünfzehnminütigen Gedankenaustausch voller Inspiration mit einem mir bekannten Herrn, der uns glücklich auseinandergehen ließ und zum anderen mit einem Paket voller Geschenke von einer mir bekannten Dame, die sich dem Verlegen widmet und mich in den letzten Jahren bereits viele Male mit Postsendungen dieser Art erfreut hatte. Dieses Mal zeigte sie mir in doppelter Ausführung schon die Tage des kommenden Jahres an und bot so die Gelegenheit mein Glück mit der Schmetterlingsdame zu teilen. „Ein Garten macht glücklich.“ lautete dabei das Leitmotiv und erinnerte mich an den griechischen Philosophen Epikur, der bis heute als eine Kapazität in Sachen Freude und Glück gilt und dies seinerzeit mit der Lust am Leben verband, die er oft in seinem Garten in Athen zelebrierte. Es waren die scheinbar kleinen Dinge, die ihn zufrieden und glücklich machten – die Achtsamkeit für den Moment, das Hier und Jetzt leben und dieses mit anderen zu teilen, belohnt mit Gesprächen voller inspirierender Gedanken. In der modernen Interpretation seiner Philosophie übte ich mich täglich und könnte ich einen Garten mein Eigen nennen, dann würde dort jetzt ein Kürbisfeld bestellt werden, aus den zahlreichen Kürbiskernen, die ich gestern aus dem orangenen Koloss entfernte, um eine köstliche Suppe daraus zu zaubern.

Der Samstag war für mich dann ein ganz besonderer Tag, denn vor 27 Jahren fiel dieses Datum auf einen Sonntag und hielt mich damals viele Stunden in Atem bis ich in den frühen Abendstunden schließlich zum ersten Mal meinen Sohn in meinen Armen hielt. Ein unvergessliches Erlebnis voller Glück und Liebe. Nun ist er zu einem eigenständigen, jungen Mann herangewachsen, der seinen eigenen Weg geht und ich ihn mit gerahmten Erinnerungen an zwei Momente im Big Apple überraschte, die für ihn bedeutsam waren. Glück kann man zwar nicht festhalten, allerdings kann man das Bewusstsein dafür jederzeit in sich wachrufen und diese Präsente sollten ihn dabei unterstützen. An diesem Tag beschäftigte ich mich dann auch noch mit Nestbau-Arbeiten in den heimischen Gefilden, denn es regte sich in mir das Bedürfnis eine Atmosphäre des Wohlfühlens bis in die kleinsten Details zu schaffen. Dies hatte vielerlei Gründe und im Hinblick auf die kommenden kurzen und kühlen Tage fühlte ich mich ein wenig wie eines der Geschöpfe der Natur, das seinen Bau winterfest machte.

Eine weitere Überraschung in dieser Woche zeigte sich dann am Sonntag in einer übermittelten Nachricht, die mich wahrhaft in Erstaunen versetzte. Ein Teil meiner Familie plante ernsthaft räumlich näher zu rücken und erfreute mich mit dieser Aussicht, die unmittelbar bevorstand. Bruderherz und Schwesterherz wurden in dieser Hinsicht wieder zusammengeführt und offenbaren nun eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten für die Zukunft.

In Erinnerung an meine Eingangsfrage beging ich dann den Montag beschwingt und mit einem Lächeln im Gesicht in Richtung eines Cafés zur Lunchtime. Unverhofft bot sich dort und in den darauffolgenden Stunden des Öfteren die Gelegenheit ein bisschen Glücksstaub um mich herum zu pusten, so dass er auch andere berührte. So traf er auf einen Herrn in der Schlange, dem ich den Vortritt ließ und er mir später einen Platz am Tisch anbot, was wiederum zu einem wunderbaren Gedankenaustausch zu Bewusstsein, solarbetriebenen Flugzeug und diesbezüglichen Entwicklungen sowie Konsequenzen aus dem Handeln bekannter Personen, die am Ende auch einfach nur Menschen sind, führte. Wir trennten uns mit beherztem Gruß und als ich kurz darauf auf der anderen Straßenseite einen älteren Herrn mit Krücken, fehlendem Bein und Sammelbecher erblickte, beschloss ich auch bei ihm etwas Glücksstaub zu verteilen und überreichte ihm noch einen Anteil aus meinem Kunst-Erlös. Ohne Worte und mit leuchtenden Augen nahm er ihn entgegen und als ich ihm auf dem Rückweg nochmals ein Lächeln über die Schulter schenkte, beantwortete er dieses ebenfalls mit einem Lächeln, das von Herzen kam. Dann bestieg ich meinen Drahtesel um andere Geldgeschäfte zu erledigen. Doch weit kam ich nicht, denn meinen Weg kreuzte eine Dame, die ich bereits über zwei Jahrzehnte kannte, allerdings ihr im Frühjahr des letzten Jahres zum letzten Mal begegnet war. So mussten die Transaktionen noch etwas warten und Platz machen für den regen Austausch über so manches Lebensereignis der letzten Monate. Sie vermittelte einen glücklichen Eindruck, der sich in schönen Erzählungen über die Liebe in ihrem Leben wiederspiegelte und so manches Mal lachten wir herzlich über gemeinsame Ansichten zur Leichtigkeit des Seins in bestimmten Lebenslagen. Schließlich rollte die Bahn heran, die sie ihrem Zuhause näher bringen sollte und so verabschiedeten auch wir uns beherzt voneinander und ich nahm meinen Weg zum eigentlichen Ziel wieder auf. Glücksstaub verteilte ich dann noch zwei weitere Male hintereinander an zwei Herren, die mir jeweils ein Lächeln schenkten und nachdem ich alle wesentlichen Informationen rund um internationale Banknoten eingeholt hatte, führte mich mein Weg etwas erschöpft und doch glücklich zurück in mein heimisches Domizil.

In einem meiner Briefe an Dich zitierte ich einmal einen Herrn mit britischen Wurzeln, der in einem kurzen Film seine Stimme für die Frage How can I be happy? lieh und dies meiner Ansicht nach brilliant dort in Bildern und Worten veranschaulichte. Bitte schaue es Dir bei Gelegenheit doch einfach noch einmal an. Die Antwort lautete jedenfalls zum Ende hin folgendermaßen: „The time to be happy is now!“ In diesem Sinne verabschiede ich mich für heute von Dir.

In Liebe,

Alice

PS. Mit welchem Inhalt Du Deinen Glückstopf befüllst? Die Antwort darauf steckt in Dir ganz allein. Ich freue mich auf deine Erkenntnisse.

Über Alice Zumbé

Wer bin ich? Meine immer währende Neugierde auf Menschen aller Art gab schnell den Weg zur Portraitmalerei frei. Jedoch auch andere Facetten meines Lebens führten zu zahlreichen Interessensgebieten. Immer mit dem Blick was draussen passiert - sowohl im Detail als auch im großen Ganzen. Es bleibt spannend in der Welt.
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in KOLUMNE und getaggt als , , , , , , , , , , , , , . Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert