Kolumne: 1 Cent Glück.

„Liebesbriefe von Alice.“
„Der Wochenrückblick über Themen, die Alice bewegten.
Immer in Verbindung mit Liebe.“

„Lieber Freund,

wie Du sicher zum Ende meines letzten Briefes bemerkt hast, war die vorangegangene Woche derart reich gefüllt, dass ich einiges nur noch andeutete um den Rahmen nicht zu sprengen. Es führte auch dazu, dass der Beginn der letzten Woche erst einmal einen Rückzug auf Zeit bedeutete. Weshalb dem so war? Nun ja, auch nach so wunderbar gefüllten Tagen rief meine Seele nach Gleichgewicht zu der Aufregung im besten Sinne. „Immer schön langsam“ lautete nun das Motto, denn alles was ich erlebte, wollte erst einmal verarbeitet werden bevor es weiterging. Schließlich reitet ein Surfer ja auch nicht ständig auf der höchsten Welle und ganz gleich ob Licht oder Schatten das Leben gerade streichelt, Besonnenheit und Ruhe waren danach zunächst angesagt.

Was die drei Fragen am Schluss des Briefes betrifft, so mischten sich aktuelle Ereignisse der letzten Tage mit den Antworten zu der vorangegangenen Woche. Ob ich auf polynesische Verbindungen zurückblicken kann, weil irgendeiner meiner französischen Vorfahren vielleicht auf dem Schiff von Louis Antoine de Bougainville anheuerte, der 1786 auf Tahiti die Gesellschaftsinseln für Frankreich in Besitz nahm, ist mir nach wie vor nicht bekannt. Allerdings dachte ich darüber nach, dass die Antwort vielleicht gar nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft liegt. In jedem Fall weiß ich, dass die Leidenschaft für das Tanzen mein Leben begleitet, die die Antwort auf die Frage „Darf ich bitten?“ erklärt, da ich gleich zwei Mal in den letzten zwei Wochen durch den gleichnamigen Film wieder daran erinnert wurde. Zwei Wegbegegnungen brachten mich dann noch zum Lachen, die beide nur wenige Atemzüge lang andauerten und die letzte Frage beantworten. Ein entgegenkommender Herr auf dem Gehsteig, den ich an einer schmalen Stelle aufforderte doch zuerst zu passieren, lachte mich herzlich an und antwortete mit dem Blick auf mein Rad: „Die Tour de France hat immer Vorfahrt.“ Ob er wohl etwas von meinen französischen Wurzeln ahnte? Und Ende letzter Woche radelte ich auf eine rote Ampel zu, stoppte und just in diesem Moment tauchte zu meiner Rechten ein junger Mann mit Rad hinter einem Busch auf dem Gehsteig auf, sah mir überrascht in die Augen und ließ erstaunt verlauten: „Rachel, Du siehst ja plötzlich ganz anders aus.“ Einen kurzen, verwirrten Augenblick später, der uns beide auch hinter mich schauen ließ, zeigte eine junge Dame, die offensichtlich die angesprochene sein sollte. Die Ampel schaltete auf grün und wir alle verabschiedeten uns mit einem Lachen und einem fröhlichen Gruß voneinander. Jede weitere Begegnung der nächsten Tage führte mir dann vor Augen, dass oftmals der Weg das Ziel ist und offenbarte darüberhinaus so manche Überraschung, die mich zum staunen brachte.

So hatte ich gleich zweimal das Vergnügen unverhofft die australische Lady mit dem süßen Talent zu treffen. Beim ersten Mal versprachen wir uns ein Date auszumachen, da die gemeinsame Zeit bisher immer nur für Small Talk reichte und beim zweiten Mal konnte ich ihr von Dr. Porsche erzählen, der so schnell wie das Fahrzeug mir einst bei meinem Geräusch im Ohr half und nun hoffentlich auch bei ihrer schmerzlichen Angelegenheit gute Dienste leisten kann. Letzten Samstag landete ich dann wieder einmal in einem Café, in dem ich auf den jungen Mann mit Aloha-Spirit traf. Er beschenkte mich für einige Momente mit seinem offenen Ohr für meine Belange des Tages, bereitete mir einen leckeren Kaffee zu und inspirierte mich später sowohl meinen Weg in Richtung der Terrasse des Konzerthauses der Stadt fortzuführen, als auch am Abend mich dem Vorlesen zu widmen. Auf der Terrasse würde mich ein wunderbarer Blick auf den Fluss, eine goldglänzende „Heroine“ und eine fantastische Aussicht auf den sogenannten Ehrenhof erwarten, den ich von diesem Ausgangspunkt zuvor noch nie so betrachtet hatte.

Doch erst einmal radelte ich die königliche Allee entlang, vorbei am Wassergraben und unzähligen Menschen, die motiviert von den warmen Sommertemperaturen sich dort wiederfanden, um Blicke in die angrenzenden Häuser zu werfen, in denen andere ihre Waren feilboten. Plötzlich entdeckte ich auf einer Parkbank einen Herrn, der mir wohl bekannt war. Zum einen da ich ihn in den Jahren immer mal wieder bei seinen öffentlichen Auftritten wahrnahm und zum anderen – ein für mich persönlich bedeutungsvollerer Umstand, weil wir gemeinsam die selbe Schule besucht hatten. Über 30 Jahre waren wir uns nicht mehr über den Weg gelaufen und somit nutzte ich die Gelegenheit, bremste meinen Drahtesel aus und sprach ihn an. Nachdem ich der Aufforderung gefolgt war meine Sonnenbrille von der Nase zu entfernen, erkannte auch er mich wieder und fortan erfreute ich mich an dem kurzweiligen Austausch über alte Zeiten, Neuigkeiten der letzten Jahre und der kurzen Begrüßung seiner Herzensdame, die zum Ende hin noch zu uns stieß. Dann verabschiedeten wir uns voneinander ohne zu ahnen, dass ich schon am nächsten Tag die Bekanntschaft mit einem Herrn machen würde, der die Familie einer Schulfreundin kannte und mich so zum zweiten Mal mit diesem Stück Vergangenheit in Berührung brachte. Doch vorläufig beschäftigte ich mich am Abend mit dem erwähnten Vorlesen. Genauer betrachtet spielte ich Glücksfee, indem ich noch weitere 3-mal den Titel eines Briefes an Dich aus einem Kristallgefäß zog, das ich mit Liebe in Australien geschenkt bekommen hatte. Dann las ich die Briefe für die virtuelle Welt ein und veröffentlichte diese sogleich auf youtube. Es bereitete mir Freude mir so nochmals bereits verblasste Erinnerungen ins Gedächtnis zu rufen und von anderen hörte ich immer wieder, dass sie es schön fanden vorgelesen zu bekommen. Vielleicht hat es bei dem ein oder anderen etwas mit Kindheitserinnerungen zu tun, die oft mit dem Vorlesen beim Zubettgehen einher gingen. Mich erinnerte es auch an den Film „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück.“, in dem ich die Worte „Zuhören ist lieben“ hörte und dann doch gerne die Rolle der Vorleserin übernahm.

Der Sonntag verführte mich bei erwarteten, hochsommerlichen Temperaturen dann schon in den frühen Morgenstunden den Fluss zu überqueren und zum zweiten Mal den Fuß ins Land der aufgehenden Sonne ohne eine einzige Flugstunde zu setzen. Dieses Mal wohnte ich einer buddhistischen Morgenandacht bei, die mich neugierig gemacht hatte. Belohnt wurde ich dann mit einem Einblick in den Tempel mit kunstvollen Malereien von Pfauen und Blumen und zahlreichen, goldenen Utensilien sowie einer lehrreichen Zeremonie mit anschließender Einladung zu Tee im Kreise der Priester und weiterer Besucher. „Sei Dir jedes Moments Deines Lebens bewusst, denn er ist vergänglich.“ lautete die Botschaft an diesem Tag und so genoss ich jede Sekunde, erfreute mich an jeder Begegnung und an dem Gespräch mit dem japanischen Priester, neben dem ich zum Tee Platz genommen hatte. Als ich von meiner Schulzeit erzählte, die mich durch eine Schulfreundin mit japanischen Wurzeln mit der Kultur dieses Landes schon damals in Berührung brachte, hörte er mir besonders aufmerksam zu. Ein, zwei detaillierte Beschreibungen führten schließlich dazu, dass er einen Namen nannte, der mich aufhorchen ließ. Es handelte sich um den Familiennamen besagter Schulfreundin aus alten Tagen. Im höchsten Maße überrascht und erfreut über diese Verbindung sprachen wir noch eine Zeit lang angeregt über dies und das bis ich, nach einem kurzen Besuch im Garten mit Begegnungen von Fröschen und Libellen auf Lotusblüten im Teich, den Rückweg antrat. Schon dort erhielt ich die schöne Aussicht auf ein Treffen mit meinem Sohn im Café in Hafennähe, dem ich dann kurze Zeit später von meinen neuen Erlebnissen erzählen konnte.

Es war ein heiteres und vergnügliches Gespräch, das uns auch vom „Big Apple“ träumen ließ, den wir gemeinsam im September besuchen werden, denn die Flüge des Gewinnerglücks sind nun gebucht. Mein persönlicher Finanz-Direktor stellte dann auch sogleich die Ampel auf grün um künstlerisches Hab und Gut zu veräußern, damit der Aufenthalt in der Stadt, die niemals schläft, auch bestritten werden kann. Bisher reicht es gefühlt nur für die Parkbank-Übernachtung, trockenes Brot und Leitungswasser. Doch die freudige Aussicht ließen wir uns deshalb nicht nehmen und aus den vergangenen Erfahrungen weiß ich: die Dinge werden sich finden.

Das nötige Glück kreuzte dann schon einmal in doppelter Ausführung am Montag meinen Weg, denn gleich zwei Schornsteinfeger erfreuten meinen Anblick. Dieses Mal spürte ich, dass schon ein „Hallo“, gefolgt von einem Lächeln und unser flüchtiges „aneinander vorbeigehen“ ausreichten um zu wissen, dass es Glück brachte. Reich gefüllt gestaltete sich dann der gesamte Tag mit vielen Stunden des Glücks mit meiner geliebten Seelenschwester und am Abend mit der jungen Dame, die mir seinerzeit „Diva“ vorstellte und nun nur für kurze Zeit den Boden dieser Stadt betrat, da sie eigentlich ihrer Leidenschaft für die Geschöpfe, die das Glück auf ihrem Rücken versprachen, auf sardischem Boden im Mittelmeer folgte. Mit dem Kiosk-Besitzer, der mir damals den pinkfarbenen Regenschirm lieh, war ich mir ja darüber einig, dass wahres Glück „das Teilen“ bedeutet, was mich dazu führt Dir noch folgendes Ereignis zu erzählen.

Vor meiner Verabredung am Abend gelangte ich noch auf einen Abstecher zum Supermarkt, um mir wie schon des Öfteren dort eine Packung Wassereis zu besorgen. Somit ist mir der Preis der begehrten Ware bekannt, der damit einher geht einen Glückscent zurückzuerhalten. In freudiger Erwartung darauf wartete ich in der Schlange nahe der Kasse und blickte ab und an auch hinter mich. Dabei bemerkte ich eine sehr kleine, betagte und adrett gekleidete Dame, der ich bei einer Kleinigkeit half und dies zu einem kurzen Dank und dem Austausch von freundlichen Blicken führte. In diesem Augenblick fasste ich den Entschluss mein Glück zu teilen und als mir kurz darauf der Glückscent ausgehändigt wurde, reichte ich ihn an die Dame mit den Worten weiter: „Glück muss man teilen. Der ist für Sie.“ Völlig überrascht wollte sie ihn erst gar nicht annehmen, doch ich bestand darauf und wurde beschenkt mit einem strahlendem Gesicht, auch von dem jungen Mann hinter uns, der uns beobachtet hatte. Unbezahlbar.

Erinnerst Du Dich eigentlich noch an den Herrn mit dem aussergewöhnlichem Fahrrad? Von ihm erhielt ich an diesem Montag schon zum zweiten Mal einen Brief, der mich erfreute und zum Lachen brachte, denn nun besitze ich zwei Abbildungen des Herrn samt Gefährt, die er mir zum Dank schickte. Schön zu sehen, wie sich die Verbindungen der Vergangenheit entwickeln, die mich auch frohen Mutes in die Zukunft blicken lassen. Heute Morgen ist übrigens die „Solar Impulse 2“ nach ihrer vorletzten Etappe in Kairo gelandet. Die Aufnahmen von ihrem Flug über die Pyramiden ließen schon am Morgen meine Augen leuchten und Du weißt ja welcher Tag heute ist: der 13te! Mich beschenkte er schon in vielerlei Hinsicht, unter anderem mit der Schmetterlings-Dame, die mir mit ihrem Präsent die Aussicht auf Zweisamkeit mitbrachte und ich ihr dafür von Herzen danke.

Ich wünsche Dir Glück. Bis bald. In Liebe,

Alice

PS: Ein Unbekannter verfasste folgende Worte, die ich Dir noch mitgebe.

„Die Liebe bietet immer wieder die Möglichkeit sich selbst neu zu erfahren und das ganze Leben als etwas Wunderbares zu sehen. Es ist die Liebe, die mich antreibt Dinge zu tun, die gewisse Grenzen überschreiten. Ich tue es, weil es sich richtig anfühlt und weil es glücklich macht. Gibt es bessere Gründe? Muss ich es noch erklären? Liebe ist etwas Machtvolles. Das habe ich begriffen.“

Über Alice Zumbé

Wer bin ich? Meine immer währende Neugierde auf Menschen aller Art gab schnell den Weg zur Portraitmalerei frei. Jedoch auch andere Facetten meines Lebens führten zu zahlreichen Interessensgebieten. Immer mit dem Blick was draussen passiert - sowohl im Detail als auch im großen Ganzen. Es bleibt spannend in der Welt.
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