Kolumne: Aufmerksamkeit. Beachtung. Fürsorge.

Liebesbriefe von Alice.
„Der Wochenrückblick über Themen, die Alice bewegten.
Immer in Verbindung mit Liebe.“

„Lieber Freund,

seit meinem letzten Brief an Dich beschäftigten mich in vielerlei Hinsicht die Begriffe „Aufmerksamkeit“ und „Beachtung“. In einem Gespräch mit der Schmetterlingsdame erörterte ich sogar wieder einmal die Anfänge ihrer Bedeutung und befand, dass einer der folgenreichsten Sinne, die uns in diesem Zusammenhang in die Wiege gelegt wurde, wohl das „Sehen“ ist. Der visuellen Wahrnehmung unserer Umwelt in all ihren Facetten gilt recht schnell unsere Aufmerksamkeit. Zunächst für das naheliegende, und im Einklang mit der Erkenntnis, dass auch wir wahrgenommen und beachtet werden. So erleben wir von Anfang an auch die Fürsorge, die es braucht, damit wir gesund wachsen und gedeihen können und erfahren das Wohlgefühl, für das wir später unter anderem den Begriff „Liebe“ verwenden werden. So befähigt uns dieser Sinn auch zum Austausch mit anderen, verschafft den Eintritt zur Verbundenheit noch bevor das erste Wort über unsere Lippen gleitet, erhellt den Tag, wenn wir ein Lächeln im anderen erkennen und beflügelt unsere Neugier auf das Unbekannte. Wenn wir dann diese Ursprünglichkeit in uns immer wieder entdecken, uns daran erinnern während wir jeden Tag auf´s neue durch diese Welt gehen, schaffen wir die Möglichkeit mit Wohlwollen und Vertrauen allem und jedem zu begegnen, weil wir gelernt haben, wie wichtig es ist Beachtung und Aufmerksamkeit zu schenken und wie glücklich es macht diese selbst zu erhalten.

Die  tiefgreifende Bedeutung dieser Erkenntnis spiegelte sich letzten Samstag unter anderem wieder einmal in einer meiner Lieblingsbeschäftigungen, dem Briefe schreiben. Dieses Mal bedachte ich meine betagte Brieffreundin, die ich das letzte Mal vor zehn Tagen bei herrlichstem Spätsommer-Wetter in einem der südlichen Parks traf und mit ihr dort wunderbare Stunden flanierend verbrachte sowie die Irland-verliebte Dame in der Stadt, die um 1050 herum in der Abtei Werden erstmals erwähnt wurde und die mir zuletzt eine zauberhafte Karte zukommen ließ, deren Spruch so gut zu mir passte. Allesamt waren wir damals sehr erfreut darüber, dass die Sendungen im Postkasten der jeweiligen Adressatin ankamen. Keine Selbstverständlichkeit, wie wir in den letzten Monaten feststellen mussten und uns deshalb auch dazu entschieden die Aufmerksamkeit auf diesen Umstand an die höchste Stelle des zuständigen Postunternehmens zu lenken. Die Folgen der verloren gegangenen Briefe offenbarten schließlich auch die verloren gegangenen Gedanken und damit einhergehende Beachtung des anderen, die manchmal Fragen und Verunsicherung hinterließen. Glücklicherweise konnten wir zur Überbrückung auch über andere Wege Kontakt halten, wollten jedoch Näheres über den Verbleib der Briefe erfahren. Dass Aufmerksamkeit und Beachtung nicht zwingend miteinander einhergehen und der Begriff „Anstand“ manchmal zum Fremdwort avanciert, lernten wir dann von denen, die vergessen hatten, dass sie einst Kinder waren. Doch unbeiirt werden wir nun nach weiteren Möglichkeiten Ausschau halten, um den Dingen auf den Grund zu gehen, denn es scheint auch so, als wenn unser Anliegen nur die Spitze des Eisbergs symbolisiert.

Postkarten-Grüße ganz anderer Art hinterließ ich am Sonntag in einem Café, dass ich zum ersten Mal besuchte und dort einige Stunden mit meinem angehenden Schriftsteller-Kollegen verbrachte. Im Austausch über schriftstellerisches Tun, einer persönlichen Widmung und der Erörterung von Möglichkeiten des Vorlesens, kam auch das Umweltprojekt „Bridge to Hawaii“ zur Sprache. In dieser Herzensangelegenheit erzählte ich ihm vom ersten Treffen mit den Damen und Herr, die das Projekt begleiten und denen ich auch eine Aloha-Postkarte mit auf den Weg gab. Einige davon, die auf das Projekt aufmerksam machen, führte ich nun mit mir und so war der richtige Zeitpunkt gekommen Spuren zu hinterlassen, diese anhand eines Fotos zu dokumentieren und entspannt abzuwarten wer wohl eine Antwort zurückschicken wird.

Um noch mehr Aufmerksamkeit auf „Bridge to Hawaii“ zu lenken, befasste ich mich dann am Montag ausgiebig mit der virtuellen Welt, gründete ein Projekt-Profil für die Foto-Gemeinschaft namens instagram und befüllte es mit den ersten fotografischen Hinterlassenschaften. Einige Stunden später stellte ich dann mal wieder fest, dass bei allen Vorzügen des Eintauchens in die virtuelle Welt, das entscheidende das rechtzeitige Auftauchen ist. So schenkte ich also der realen Welt wieder meine Beachtung, die ihr zu Recht gebührt und widmete einen Teil meiner Lebenszeit den Menschen um mich herum, die gesehen werden wollten. So fanden am Dienstag zum wiederholten Mal die Schmetterlingsdame, der junge Mann mit der vierbeinigen Dame namens Cleo, die ihm sprichwörtlich zu Füßen liegt und meine Wenigkeit im Piratencafé zum Stelldichein zusammen. Nachdem junger Mann mit Hund den Ort des Geschehens verlassen hatte, befassten sich die zwei Damen noch rege mit dem Entwurf eines Wiedererkennungszeichens für „Bridge to Hawaii“ bis auch sie sich voneinander trennten. Ich fand mich wenig später vor einer hübschen, roten Tür mit meiner Glückszahl an der Mauer wieder, die unversehens aufsprang und mir eine wohlbeannte Dame entgegentrat, die mich bereits erwartete. Gemeinsam statteten wir nun dem französisch angehauchten Café einen Besuch ab, freuten uns über die Anwesenheit des anderen und vertieften unsere Verbundenheit mit Geschichten aus der Berliner Heimat und gemeinsamen Aktivitäten zu „Bridge to Hawaii“. Schließlich nahmen auch  wir wieder Abschied auf Zeit voneinander und tauchten in ein neues Stück Lebenszeit ein.

Wie Du sicher unschwer meinen Erzählungen entnehmen kannst ist die Bedeutung von „Aufmerksamkeit“ und „Beachtung“ ein nicht zu verachtender, roter Faden in der Lebenslinie, der sich durch das tägliche Leben zieht. Schenken wir diese anderen und werden mit ihr beschenkt, steht den glücklichen Momenten und diesem Wohlgefühl, das wir „Liebe“ nennen, eigentlich nichts mehr im Wege. Somit verspreche ich Dir an dieser Stelle Beachtung und Aufmerksamkeit indem ich Dir fürsorglich einen neuen Brief in der nächsten Woche schreiben werde und verabschiede mich an dieser Stelle für heute.

In Liebe und mit Aloha,

Alice

PS. Die Dame vom Mittagstreffen inspirierte mich noch mit folgendem, das ich Dir nicht vorenthalten möchte:

„Go for whatever makes you happy.“

 

 

Über Alice Zumbé

Wer bin ich? Meine immer währende Neugierde auf Menschen aller Art gab schnell den Weg zur Portraitmalerei frei. Jedoch auch andere Facetten meines Lebens führten zu zahlreichen Interessensgebieten. Immer mit dem Blick was draussen passiert - sowohl im Detail als auch im großen Ganzen. Es bleibt spannend in der Welt.
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