Kolumne: Ausflug an die Riviera.

Liebesbriefe von Alice.
„Der Wochenrückblick über Themen, die Alice bewegten.
Immer in Verbindung mit Liebe.“

„Lieber Freund,

gestern morgen hätte ich es mir nicht träumen lassen, dass ich Dir in meinem letzten Brief diesen Jahres davon erzählen kann, dass ich den Nachmittag mit einem Ausflug an die Riviera begangen habe. Nun ja, genauer betrachtet war es dann wohl eher die Aussicht auf die „Riviera“, die flussabwärts an dem Schiff vorbeifuhr, das dauerhaft am Flussufer der Stadt vor Anker liegt und sich dort um das leibliche Wohl seiner täglichen Gäste kümmert. So genoss ich bei einer Latte Macchiato und wundervollem, sonnigen Winterwetter die Aussicht auf den Fluss mit Blick auf die vorbeiziehenden Container- und Passagierschiffe sowie die Brücken der Stadt und ihr Fernsehturm im Hintergrund. Mit einem bereiften „Welcome on board“ nahm der Chef des Hauses, oder in diesem Fall des Schiffes, die stetig wechselnden Gäste, manchmal mit einem flotten Spruch auf den Lippen, in Empfang. Auf der überdachten, kuschelig warmen Terrasse ließen einige von ihnen sich dann die wohl köstlich schmeckenden, frischen Waffeln munden und kleine und große Gäste schoben sich das ein oder andere Stück, mal mit Zucker gepudert oder in flüssiger Schokolade getunkt, genussvoll in ihre Münder. Derweil erzählte ein Großvater seinen Enkeln Geschichten aus der Welt, Paare schenkten sich ihre Aufmerksamkeit und Freunde, von denen zwei Erinnerungen an Geschichten zu New Yorker Mafiosi der 30er Jahre in mir wachriefen, vertieften sich in ihre Gespräche. Der ein oder andere trank sich dabei die Geschichten wohl schön oder vielleicht sogar sein Gegenüber. Nun ja, wer weiß!? Nach Sonnenuntergang zog es mich in jedem Fall wieder in den Kiez zurück und so endete mein Ausflug ans Meer. Ach nein, es war ja der Fluss.

Doch nun nehme ich Dich zurück an die Anfänge dieser Woche, die mit Schmetterling-Zeit und einem erneuten Besuch eines kulinarischen Ablegers des Landes der aufgehenden Sonne begann. Am Abend verließ mich dann die Dame mit den imaginären Flügeln mit einem cineastischen Tipp von der Leinwand und so wurde ich abermals Zeuge wie Mr. Darcy der Damenwelt die Augen verdrehte, nur dass in in diesem Fall nicht Jane Austen ihre Finger im Spiel hatte, sondern ihm eine Dame verfiel, die wohl Schokolade schon zum Frühstück bevorzugte. In den noch dunklen Morgenstunden des Freitags zog es mich dann für einen kurzen Moment raus auf meinen erhöhten Austritt, jenes Bauwerkelement, das die Städte im 19. Jahrhundert eroberte und nun einen letzten Blick auf den Schmetterling preisgab, der weihnachtlich bepackt, schließlich im Dunkel der Nacht verschwand. Ich schlüpfte nochmals unter die warme Bettdecke und versank wieder für eine Zeit lang ins Reich der Träume.

Der Tag gestaltete sich ganz im Zeichen einer „Christmas-Verabschiedungsrunde“, da die kommenden Tage für viele Menschen den Anlass boten sich ins heimische Umfeld zurückzuziehen und Zeit mit den nahestehenden zu verbringen. Die Dame vom Bauernmarkt verschwand sogar für die kommenden Wochen, so dass wir uns erst im nächsten Jahr wiedersehen werden und somit umso inniger die Umarmung ausfiel, die auch die Nähe und Verbundenheit ausdrückte, die in den vergangenen Monaten immer sichtbarer wurde. In gleicher Weise fanden so auch die australische Lady und ich an diesem Tag zusammen, wechselten noch das ein oder andere wohlwollende Wort und entließen den anderen mit diesem Ausdruck von Liebe in die Feiertage. Auf meinen Wegen in die Stadt begegnete ich auch nach längerer Zeit für einen kurzen Moment wieder meiner schneeweißen, gefiederten Freundin, die symbolisch die Liebe und den Frieden mit sich trägt und mir ein Lächeln auf das Gesicht zauberte, als ich sie erblickte. Dies trug sich dann auch im Zusammentreffen mit einem bekannten Herrn weiter, den ich einst vor langer Zeit in einem Unternehmen kennenlernte und wir bis heute virtuell verbunden sind. Nun lernte ich in der realen Welt seine aufgeweckte Tochter und seine Herzensdame kennen und er erinnerte mich daran, wie sehr sich doch mein Lebensweg verändert hatte, welche Spuren er hinterließ und wie ich die Vergangenheit längst von dem Hier und Jetzt entbunden hatte. So tauschten wir für einen kurzen Moment unsere aktuellen Gedanken aus, bis sich unsere Wege wieder trennten und ich mich weiterhin den Aufmerksamkeiten für junge Damen aus dem Familienkreis widmete. Darüberhinaus befasste ich mich noch mit meinem vorletzten Brief an meine betagte Brieffreundin, die die Festtage und den Übergang ins neue Jahr im östlichen Teil des Landes verbringt. Am Abend erfüllte sich dann eine Prophezeiung der Schmetterlingsdame, die mir „sturmfreie“ Zeiten vorhersagte und so freute ich mich auf so manche Verabredungen mit mir selbst in den kommenden Tagen.

In den Mittagsstunden des Samstags führte mich mein Weg zu einer Dame, die sich der Schokolade verschworen hatte und die ich bereits einige Male aufsuchte, um andere mit ihren süßen Leckerein zu erfreuen. Dieses Mal würde wohl mein Schwager in den Genuss kommen und so erwab ich eine Kleinigkeit mal vier und erfreute mich selbst an der Aussicht in diesem Laden, der mich immer an einen zauberhaften Film namens „Chocolat“ erinnert, der für mich den Mythos der Kakaobohne in Perfektion inszeniert hat. Etwas später gönnte ich mir zum zweiten Mal, jedoch an einem anderen Ort und Stelle, einen Latte Macchiato mit wechselnden Tischnachbarn und Verkupplungsversuchen der bedienenden Dame, die für mich und den betagten Herrn neben mir jedoch aussichtlos blieben. Stattdessen weckte ich die Neugierde eines Herrn in Begleitung seiner Herzensdame, der belesen schien, da er ein Buch bei sich führte, das er ihr mit den Worten: „Das ist eines der schönsten Bücher, die ich je gelesen habe.“ reichte. In diesem Moment dachte ich so bei mir: „Da kennen Sie allerdings auch noch nicht meines.“ und kaum, dass der Gedanke durch meinen Kopf zog, hörte ich von dem Herrn schon ein Kompliment für meine hübsche Handschrift, die auch sein und ihr Interesse an meinem literarischen Werk weckte. Viele neugierige Fragen und tiefgründige Antworten später verabschiedeten wir uns schließlich mit beherztem Gruß wieder voneinander, wie so viele an diesem Tag, die am Abend den Weihnachtsmann erwarteten.

Der Sonntag folgte dann mit einer Einladung meines Bruderherz´und seiner Herzensdame, bei denen ich zu meiner großen Freude auf alle Mitglieder des engsten Familienkreises traf. So bot sich die Gelegenheit meine Aufmerksamkeiten, Einweihungspräsente, Liebesbriefe und literarischen Werke weiterzureichen und Kinderaugen mit Seifenblasen-Flüssigkeiten zum Strahlen zu bringen. Die Dame des Hauses reichte fruchtige Tortenstücke begleitet von schwarzem Kaffee und mich überraschte man mit einer Wundertüte für Meisterköche sowie einem Mini-Konzert am verstimmten Klavier von der jungen Dame, die auch die älteste Tochter meiner Schwester ist, die derweil voller Stolz andächtig neben ihr dem Spiel beiwohnte. Ein kurzweiliger Nachmittag fand dann am frühen Abend sein Ende und mit Dankesgrüßen, Herzensversprechen und Umarmungen trennte sich mein Weg von dem der anderen für den Moment und mein Drahtesel mit Ding-Dong brachte mich wohlbehalten zurück in meine vier Wände.

Ein zweites Mal innerhalb dieser Woche traf ich am Montag in dem Künstler-Café in Flussnähe ein, das mich sofort mit einer Welle guter Energie in der Luft begrüßte. Dazu trugen natürlich die Menschen vor Ort bei und so freute ich mich im besonderen Maße über den Herrn mit Pariser Flair, den ich zuletzt im Frühjahr antraf und der dieses Mal in besserer Verfassung zu sein schien sowie über die Dame mit marokkanischen Wurzeln, die immer eine herzliche Ausstrahlung versprüht. Diese wurde auch von einem ihr bekannten Herren-Duo wiedergespiegelt, das am Nebentisch beherzt ein verspätetes Frühstück zu sich nahm und seiner Umgebung ebenfalls viel Aufmerksamkeit schenkte. So traf auch der ein oder andere neugierig, lächelnde Blick des einen auf meine Augen und schenkte später meiner grün funkelnden Brosche seine Beachtung, um darüber mit einem Kompliment in Kontakt zu treten. Mich brachte derweil die Lektüre eines Herrn zu meiner Linken zum Schmunzeln, da mir die Worte „Warten auf Godot.“ entgegen blitzten. So kam ich nicht umhin dem Herrn von meinem Erlebnis vor zwei Wochen zu erzählen, von dem ich Dir in meinem Brief Besinnlichkeit und magische Momente. schrieb. Doch ein rechter Zugang blieb uns verwehrt und schien das Erbe Samuel Barclay Becketts in andere Richtungen weitertragen zu wollen. Dann folgte ich dem Ruf eines nun schon 61 Jahre währenden Prinzessinnen-Abenteuers, das einst eine junge Dame in den Film-Olymp katapultierte und den Mythos rund um eine österreischische Kaiserin und ihre Liebesgeschichte zur Berühmtheit avancieren ließ. Im wahren Leben zeichnete sich die Dame vor allem durch ihre Reiselust aus, die sie auch an einem ihrer liebsten Aufenthaltsorte an der französischen Riviera verweilen ließ, an dem sie häufig angenehmen Besuch vom Kaiser erhielt. So schließt sich mein Kreis der Geschichten der vergangenen Woche und mit dem Blick nach vorne verabschiede ich mich für heute.

Ich wünsche Dir einen wunderbaren Übergang ins neue Jahr und freue mich Dir dann dort von neuen Erlebnissen erzählen zu können. Bis bald.

In Liebe,

Alice

PS. Heinrich Heine, Dichter und Romancier, galt als das poetische Vorbild der österreichischen Kaiserin und es heißt, er wäre am 13. Dezember geboren. Somit beschließe ich diese Zeilen mit einem Gedicht von ihm.

„Daß du mich liebst, das wusst´ich
Ich hatt´es lang entdeckt.
Doch als Du mir´s gestanden,
Hat es mich tief erschreckt.
 
Ich stieg wohl auf die Berge
Und jubelte und sang:
Ich ging ans Meer und weinte
Beim Sonnenuntergang.
 
Mein Herz ist wie die Sonne
So flammend anzusehn,
Und in ein Meer von Liebe
Versinkt es groß und schön.“
 
 

Über Alice Zumbé

Wer bin ich? Meine immer währende Neugierde auf Menschen aller Art gab schnell den Weg zur Portraitmalerei frei. Jedoch auch andere Facetten meines Lebens führten zu zahlreichen Interessensgebieten. Immer mit dem Blick was draussen passiert - sowohl im Detail als auch im großen Ganzen. Es bleibt spannend in der Welt.
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