Was ist Erfolg?

Steine aus dem „Büro der Liebe“.

„The plain fact is that the planet does not need more successful people. But it does desperately need more peacemakers, healers, restorers, storytellers, and lovers of every kind. It needs people who live well in their places. It needs people of moral courage willing to join the fight to make the world habitable and humane. And these qualities have little to do with success as we have defined it.“

(David Orr)

Nach meinem Fernsehauftritt wurde ich durch Begegnungen in der realen Welt wieder einmal auf die Probe gestellt. Es kam mir wie ein Selbsttest vor, denn in den Gesprächen über meine Aktivitäten rund um die Liebe stellte man mir schon öfters die Frage danach, wie erfolgreich ich denn nun mit dem bin, was ich tue. So wurde ich zum Beispiel gefragt, ob ich mich denn Schriftstellerin nennen dürfe, da mein erstes Buch damals noch nicht veröffentlicht war. Oder, welche Gedanken ich mir um meine Zukunft machte, wenn das zweite Buch „auch“ nicht erfolgreich sei? Oft nahm  ich solche Fragen nicht persönlich und empfand es als durchaus nachvollziehbar, warum mancher mir solche Fragen stellte. Dahinter verbarg sich immer die Frage nach den Finanzen und schließlich gehörte ich zwei Jahrzehnte lang auch zu jenen, die Erfolg vor allem an einem maßen: Geld. Nicht verwunderlich, da wir nun einmal dieses Tauschmittel schon seit Jahrhunderten nutzen und es vor allem mit Arbeit in Verbindung bringen, da dies der klassische Weg ist, um es zu verdienen und sich so das eigene Leben leisten zu können („sich das Leben leisten zu können“ – eigentlich ein absurder Gedanke). Manche, um das Dach über den Kopf, Essen und Trinken wenigstens bezahlen zu können und andere, um zusätzlich Besitz anzuhäufen. In welchem Ausmaß das geschieht muss jeder für sich selbst be- oder verantworten und die Gründe dafür sind so mannigfaltig, wie es Menschen auf diesem Planeten gibt. Leistung für Geld. So gestaltete sich nun einmal diese Welt und für viele bedeutet es gleichzeitig: Erfolg.

Doch wenn ich mich an die Worte von David Orr in Erinnerung rufe, stellte ich mir vor, dass er lächeln würde, wenn er erfahren würde, dass ich eine Geschichtenerzählerin und laut dem Weihnachtsmann Botschafterin der Liebe bin.

Aus seiner Sicht könnte man wohl behaupten, dass ich alles richtig machte – wobei ich persönlich nicht daran glaube, dass die Entscheidungen des Lebens von richtig oder falsch abhängig sind, denn ich empfand jede Entscheidung meines Leben zum derzeitigen Zeitpunkt als die Richtige. Zumeist ergab sich erst später der Sinn der Ereignisse und wenn Steine meinen Weg versperrten, so war nur entscheidend was ich daraus lernte, um meinen Weg wieder weiter zu begehen. Nun ja, mal schauen, wo mich meine Abenteuerreise noch so hinführt und welche tollen Begegnungen mit Menschen vor mir liegen. Aber zurück zu „auf die Probe gestellt“.

Die oben genannten Fragen führten meist zu interessanten Diskussionen, in deren Verlauf auch ich die ein oder andere Frage stellte. „Wie definierst Du denn einen Schriftsteller?“, „Weshalb sollte ich davon ausgehen, dass sich das zweite oder auch das erste Buch nicht verkauft? Schließlich habe ich mit dem zweiten gerade erst begonnen.“ oder „Wer kann schon in die Zukunft blicken?“. Und ich erzählte von meinem Traum, den ich mir erfüllt hatte, als ich meine erstes Buch schrieb. Dass ich mein Herz, meine Seele sprechen ließ, wenn die Worte und Geschichten sich daraus formten. Und dass mein Leben sich seit über zwei Jahren intensiv um das Lieben drehte, jenes Gefühl, jene wunderbare Fähigkeit, die in uns allen schlummert. Was das Geld betrifft, so hatte ich bereits in meinem Eintrag „Zwischen Hollywood und Armenhaus“ ausreichende Worte verfasst, die ich hier nun nicht weiter vertiefen werde. Und der Erfolg? Was genau ist eigentlich Erfolg? Was haben schlaue Menschen dazu in Worte gefasst? Und welche Definition von Erfolg trifft auf mich zu? Ich wurde neugierig, wollte dies näher ergründen und dadurch auch wieder etwas neues lernen. Zunächst verriet mir Wikipedia folgendes zum Erfolg:

„Erfolg wird als das Erreichen selbst gesetzter Ziele bezeichnet. Bei diesen Zielen kann es sich um eher sachliche Ziele, wie zum Beispiel Einkommen (Geld) oder um emotionale Ziele, wie zum Beispiel Anerkennung, handeln.“

So weit, so gut. In Bezug auf die jeweiligen Arten von Erfolg möchte ich mich in der Kategorie „persönlicher Erfolg“ schon in meiner jetzigen Situation durchaus als erfolgreich bezeichnen, wenn ich auf mein Leben zurückblicke, das mich schließlich hierher führte. Doch irgendwie reichte mir diese Information nicht und ich tauchte tiefer in die Materie ein. So entdeckte ich einige Herren, die Erfolg für sich folgendermaßen definierten.

Winston Churchill ließ wohl einmal verlauten:

„Erfolg ist die Fähigkeit, von einem Misserfolg zum anderen zu gehen, ohne seine Begeisterung zu verlieren.“

Ich musste schmunzeln, als ich dies las, denn ohne Zweifel konnte ich von mir behaupten, dass Misserfolge – zumindest per Definition für so manch‘ anderen – auch meinen Lebensweg begleitet hatten. Im Rückblick stellte ich allerdings auch fest, dass ich in den letzten Jahren nur ein Ereignis als solches verbuchte. Mein crowdfunding-Projekt zur Verwirklichung der ersten Auflage meines ersten Buches, das ich nicht erfolgreich abschließen konnte. Doch ich lernte daraus, dass ich zum einem mich damals nicht in der Rolle der Verlegerin sah und zum anderen besann ich mich wieder auf meine sogenannte „Kernkompetenz“. Und was tut eine Schriftstellerin? Schreiben. Und das tue ich bis heute und mit großer Freude und Leichtigkeit. Mit Bedacht und Herzblut. Mit Liebe. Weil es mich zutiefst beglückt und mich zufrieden macht.

John Lennon, ein Mann der sich bekanntermaßen sehr mit der Liebe und dem Frieden auf seine Art auseinandergesetzt hatte, verfasste einst in dem Song „Beautiful Boy“ seines Albums „Double Fantasy“ die Textzeile:

„Life is just what happens to you, while you are busy making other plans.“

Aus der Geschäftswelt erinnerte ich mich daran, dass viele die These vertraten, dass vor allem der monetäre Erfolg planbar sei. Meine Auffassung dazu hatte sich verändert und ich löste mich von dieser Vermutung im Laufe der Jahre meiner Selbstständigkeit.

Wäre diese Art des Erfolges planbar, beherrschten wir dann nicht alle den Blick in die Glaskugel der Zukunft? Stellte ich mir vor diese Fähigkeit zu besitzen, so war ich mir sicher, dass ich in kürzester Zeit die reichste Frau der Welt wäre, weil Menschen mir viel Geld bezahlen würden, um ihnen die Sicherheit des finanziellen Erfolges zu geben. Abgesehen davon, dass sich die Frage des Lottogewinns, von dem ich und Freunde schon geträumt hatten, sich dann auf jeden Fall bereits zur vollsten Zufriedenheit erfüllt hätte. Die Realität meiner Erfahrungen veranlasste mich dann jedoch den Worten John‘s zu folgen und selbst wenn ich Dinge plane, lasse ich ihnen die Freiheit sich zu verändern auf dem Weg der Zukunft, da ich nicht wissen kann, was diesen noch kreuzt. So nehme ich mir vor allem selbst auch den Druck der Erwartung und schenke mir die Freiheit der Entfaltung. Für mich eine wichtige Erkenntnis zur Selbstliebe und eine Herausforderung, die mir nicht immer gelingt, mir jedoch mit der Zeit immer besser glückt.

Nelson Mandela, dem ich in meinem ersten Buch bereits einige Worte widmete, da er sich einst auf seinem Weg für Liebe und Frieden entschieden hatte, sagte einmal:

„Money won´t create success, the freedom to make it will.“

Freiheit. Dieses kleine Wort, dessen große Bedeutung besonders jemanden wie Nelson bewusst gewesen sein musste, da sein Lebensweg sehr lange von Freiheitsentzug gezeichnet war. Als ich mich seinerzeit etwas mit der Dokumentation seines Lebens auseinandersetzte, gewann ich den Eindruck, dass er sich trotz der äußeren Gegebenheiten in seiner Gefangenschaft eines bewahrt hatte: seine innere Freiheit. Ich maß mir nicht zu, zu beurteilen, was es genau bedeutete so lange Zeit eingesperrt zu sein, jedoch weiß ich aus eigener Erfahrung, dass ich mir in meinem beruflichen Leben lange Zeit mein eigenes Gefängnis geschaffen hatte, aus dem ich regelrecht herausbrach, als ich mich für die Selbstständigkeit entschied und meine persönliche innere Freiheit wiedererlangte. Stück für Stück und besonders bewusst erfuhr ich deren Bedeutung für mich, als ich mich entschied mein Leben intensiv der Liebe zu widmen. Und dies bezeichne ich heute für mich auch als Erfolg, der mein Herz ruhig und frei schlagen lässt.

Ein nahestehender Freund beantwortete einst die Frage „Was ist Erfolg?“ mit den Worten „Erfolg ist morgens aufzustehen und sich auf den Tag zu freuen.“ Eine schöne Antwort, der ich ebenfalls gerne folge und so im besten Sinne des Wortes das Abenteuer des Lebens begehe. Und mein Herzensfreund Helmut, der Weihnachtsmann, den ich traf und mit dem ich über Erfolg sprach, wurde zum Spiegel meiner Erkenntnis darüber, dass das Aussprechen eines Kompliments eine Form der Anerkennung und Wahrnehmung ist. Es ist die Antwort auf das, was man erschafft, um es mit anderen zu teilen beziehungsweise andere daran teilhaben zu lassen, so dass sie Freude daran haben und vielleicht sogar etwas davon mit auf ihren Lebensweg nehmen. Und es ist ein Geschenk, dass man erhält ohne es zu erwarten. Es ist ein Ausdruck von Liebe.

Wieder auf meinen virtuellen Entdeckungsreisen unterwegs, wurde ich auf einen Tweet von Paulo Coehlo aufmerksam, der die Frage „Was ist Erfolg?“ mit Worten beantwortete, die mir aus der Seele sprechen, weil ich vieles davon schon so lebe. Ich fühlte mich ihm gegenüber dankbar dafür, dass er seine Gedanken mit mir und so vielen anderen teilte.

„Success does not come from having one´s work recognised by others. It is the fruit of the seed that you lovingly planted. When harvest time arrives, you can say to yourself: „I succeeded.“ You succeeded in gaining respect to your work because you did not work only to survive, but to demonstrate your love for others. You managed to finish what you began, even though you did not foresee all the traps along the way. And when your enthusiasm waned because of the difficulties you encountered, you reached for discipline. And when discipline seemed about to disappear because you were tired, you used your moments of repose to think about what steps you needed to take in the future. You were not paralysed by the defeats that are inevitable in the lives of those who take risks. You did not sit agonising over what you lost when you had an idea that didn´t work. You did not stop when you experienced moments of glory, because you had not yet reached your goal. And when you realised that you would have to ask for help, you did not feel humiliated. And when you learned that someone needed help, you showed them all that you had learned, without fearing that you might be revealing secrets or being used by others.

To him who knocks, the door will open. He who asks will receive. He who consoles knows that he will be consoled.“

(„Erfolg kommt nicht daher, dass die eigene Arbeit von anderen anerkannt wird. Er ist die Frucht der Saat, die Du liebevoll gesät hast. Wenn die Erntezeit gekommen ist, kannst Du zu Dirselbst sagen: „Ich war erfolgreich.“ Du hast es geschafft, dass Deine Arbeit anerkannt wird, weil Du nicht nur gearbeitet hast, um zu überleben, sondern um Deine Liebe für andere zu zeigen. Du hast es geschafft, zu beenden, was Du begonnen hast, auch wenn Du nicht alle Fallen auf dem Weg vorausgesehen hast. Und wenn Dein Enthusiasmus wegen der Schwierigkeiten nachließ, denen Du begegnetest, griffst Du zur Disziplin. Und wenn die Disziplin zu verschwinden drohte, weil Du müde warst, nutztest Du die Momente der Ruhe, um darüber nachzudenken, welche Schritte Du in Zukunft unternehmen müsstest. Du warst nicht gelähmt durch die Niederlagen, die im Leben derer, die Risiken eingehen, unvermeidlich sind. Du saßst nicht quälend da, wenn Du eine Idee hattest, die nicht funktionierte. Du hast nicht aufgehört, als Du Momente des Ruhms erlebtest, weil Du Dein Ziel noch nicht erreicht hattest. Und als Du merktest, dass Du um Hilfe bitten musstest, hast Du Dich nicht gedemütigt gefühlt. Und wenn Du erfuhrst, dass jemand Hilfe brauchte, zeigtest Du ihm alles, was Du gelernt hattest, ohne zu befürchten, dass Du Geheimnisse preisgeben oder von anderen benutzt werden könntest.

Wer anklopft, dem wird die Tür geöffnet. Wer bittet, wird empfangen. Wer tröstet, weiß, dass er getröstet werden wird.“)

(Paulo Coehlo, aus „Manuscript found in Accra“)

Einst schrieb ich: „Jetzt ist die Zeit, in der die Früchte der Liebe und der Träume geerntet werden, so dass neue Träume gesät werden können.“ Ich habe gesät und freue mich auf eine erfolgreiche Ernte und auf das, was dieser folgt.

Über Alice Zumbé

Wer bin ich? Meine immer währende Neugierde auf Menschen aller Art gab schnell den Weg zur Portraitmalerei frei. Jedoch auch andere Facetten meines Lebens führten zu zahlreichen Interessensgebieten. Immer mit dem Blick was draussen passiert - sowohl im Detail als auch im großen Ganzen. Es bleibt spannend in der Welt.
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